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Zwischen Rednerpult, Schwimmweste und Brotkisten

Ehrenamt in der KAS

 

Als Ehrenamt wird im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet, wenn einzelne Personen oder eine Gruppe freiwillige und unentgeltliche Arbeit für das Gemeinwohl leisten. In der Konrad-Adenauer-Stiftung wird großer Wert auf ehrenamtliches Engagement der Stipendiaten gelegt. Dass dies nicht leidige Pflicht, sondern bereichernd und sehr vielfältig sein kann, zeigt dieser Artikel, der verschiedene Bereiche des Ehrenamtes darstellt. Gerade die deutsche Gesellschaft ist auf dieses Ehrenamt angewiesen, beispielsweise speist sich die Feuerwehr zu sehr großen Teilen aus ehrenamtlichen Kräften. Dadurch lastet viel Verantwortung auf den einzelnen Personen. Wenn diese sich auf zu wenige Köpfe verteilt, kann das gerade für die einzelnen Personen zu Selbstüberforderung führen. Denn Engagement hat für den Einzelnen auch Kosten und nimmt ihm Zeit für andere Tätigkeiten.

 

Im ehrenamtlichen Bereich gibt es eine riesige Bandbreite an Möglichkeiten, sich zu engagieren. So kann sich jeder unabhängig von seinen persönlichen Fähigkeiten für das Gemeinwohl einsetzen. Einige bringen sich im sozialen Bereich, z. B. in der Kinder- und Jugendbetreuung oder als Alltagsassistenz für Senioren, ein, andere im politischen Bereich, z. B. als Ratsmitglied oder in der Schülervertretung. Über den sozialen und politischen Bereich hinaus gibt es noch unzählige weitere Ehrenämter. In Kiel und Umgebung lässt sich diese Vielfalt besonders gut erkennen. Wegen ihrer Ostseelage fallen in der Region rund um die Stadt der Matrosenaufstände besondere Aufgaben an, die nicht mit staatlichen Geldern finanziert werden und somit von Freiwilligen erfüllt werden müssen.

 

Gefährliche Hilfe auf See

 

Ein Beispiel für ehrenamtliches Engagement ist die Seenotrettung. Diese wird in Deutschland nicht vom Staat übernommen, sondern wurde stattdessen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) übertragen, die auch aus haupt-, größtenteils aber aus ehrenamtlichen Lebensrettern besteht. Getreu dem Motto „Search and Rescue“ (SAR) helfen die zahlreichen Frauen und Männer (23 Freiwillige in der Station Schilksee) entlang der gesamten deutschen Küstenlinie in Seenot geratenen Menschen. Technische Hilfeleistungen auf See gehören nach dieser Definition nicht zum Aufgabenbereich der Seenotretter. Damit eine solche SAR-Situation erst gar nicht entsteht, müssen jedoch auch diese Tätigkeiten zwingend übernommen werden. Und so entsteht ein breites Einsatzspektrum.

 

Die DGzRS finanziert sich ausschließlich über freiwillige Spenden. Sie ist somit evident auf die Spendenbereitschaft der Bürger angewiesen. Denn es müssen nicht nur immer wieder neue Ausrüstungsgegenstände wie Rettungswesten oder Verbandskästen besorgt werden, sondern allein die Kosten für jedes der 59 sich derzeit im Bestand der Flotte befindlichen Schiffe liegen in Millionenhöhe.

 

Nur durch Spenden ist die Arbeit der Seenotretter aber noch nicht getan. Am Ende werden vor allem Menschen gebraucht, die die durchaus gefährlichen Rettungsfahrten antreten. Deshalb ist die Nachwuchsgewinnung eine der wichtigsten und größten Herausforderungen, der sich die Mitglieder stellen müssen. Eine Schwierigkeit, die hinzukommt, ist, dass Seenotretter in einem Umkreis von 10 Minuten von ihrer Station wohnen müssen.

Suppenküche und Rednerpult

 

Ebenso sehr auf Spenden angewiesen sind die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Kieler Tafel e.V. Jeden Tag fahren sie mit ihren insgesamt vier Transportfahrzeugen über einhundert Supermärkte, Discounter und Bäckereien im gesamten Kieler Stadtgebiet ab. Diese sortieren Lebensmittel, die am Abholungstag ihr Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) überschritten haben, extra für die Tafel aus – eine essentielle Voraussetzung für die Arbeit der 250 Helferinnen und Helfer. In einem zentralen Lager werden die Lebensmittel eingelagert und dann an die sieben Ausgabestellen auf dem Kieler Stadtgebiet verteilt. Auf diese Weise schaffen es die Ehrenämtler, bis zu 2000 Kieler Haushalte zu erreichen. Auch die Tafel ist jedoch stets auf Spenden und die Akquise neuer Helfer angewiesen.

 

Genauso wie Seenotrettung und Tafel sind auch junge Nachwuchspolitiker für das Fortkommen unserer Gesellschaft notwendig. Die Demokratie, eines der höchsten Güter unserer Zeit, hängt von dem parteipolitischen Engagement anderer ab. So gibt es z.B. junge Ratsmitglieder, die auf kommunaler Ebene junge Themen für die Stadt Kiel durchsetzen. In diesem Engagement gilt es, sich mit den Bürgern in zahlreichen Gesprächen auszutauschen und deren Wünsche und Anregungen in Anträgen an die Ratsversammlung umzusetzen.

 

Motivation und Bedeutung

 

An die Frage nach der Bedeutung des Ehrenamtes schließt sich unmittelbar die Frage an, für wen diese Bedeutung besteht. Allgemein lassen sich dabei zwei Ebenen differenzieren: die persönliche und die gesellschaftliche. Die Motive des Einzelnen, sich ehrenamtlich zu engagieren, müssen nicht immer mit der Bedeutung des Ehrenamtes für die Gesellschaft übereinstimmen. Doch oft ergibt sich aus diesen unterschiedlichen Blickwinkeln ein gemeinsamer Ausgleich – so unterschiedlich, wie die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch die Ehrenämter in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung. Schwierig wird es, wenn Ehrenamtswunsch und Bedürfnis der Gesellschaft auseinanderfallen.


Motive und Motivationen des Engagements reichen dabei von dem Wunsch, sich über seinen „normalen“ Tellerrand hinaus zu bilden und weiterzuentwickeln, einen Ausgleich zum Studium zu finden, gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen eine gute Gemeinschaft, Spaß und Freude zu erleben, die Zukunft zu gestalten und zu verändern und der Gesellschaft etwas zurückzugeben, bis zu einem Engagement aus Pflichtgefühl oder ganz altruistisch dem Wunsch, für andere da zu sein, denen es nicht so gut geht, wie einem selbst. In einem Engagement aus starkem Pflichtgefühl konvergieren persönliche Motivation und Bedeutung des Ehrenamts für unsere Gesellschaft. Diese würde ohne ehrenamtliche Kräfte in vielen Bereichen in große Bedrängnisse kommen. Dies gilt zum Beispiel besonders für Katastrophenschutz und Kommunalpolitik.

 

Die Gesellschaft täte also gut daran, dafür zu sorgen, dass unterschiedliche Menschen in unterschiedliche Ehrenämter hinein finden können. Es muss jedem möglich sein, zu finden, was er in seinem Ehrenamt sucht. So bleibt die Balance von Interesse und persönlicher Motivation auf der einen und Bedürfnissen der Gesellschaft auf der anderen Seite erhalten. Umgekehrt ist es genauso an dem Einzelnen, sein Ehrenamt, in dem er der Gesellschaft etwas „zurückgibt“ und seine Pflicht erfüllt, so zu suchen und zu gestalten, dass er darin auch seine persönlichen Interessen wiederfindet. Dass dies möglich ist, zeigt die große Vielfalt des Ehrenamtes.

 

Also: Engagiert euch! Die Gesellschaft braucht euch und es macht Spaß!

 

P.s.: Verschiedene Möglichkeiten findet ihr in der Präsentation, die bei der Zukunftswerkstatt erstellt wurde.

 

Präsentation Ehrenamt

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Podcast Ehrenamt

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Podcast_Ehrenamt 2019 03.mp3
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Anmerkung der Redaktion:

Dieser Artikel entstand im Rahmen der Zukunftswerkstatt 2019 in Kiel zum Thema „Engagement in Gesellschaft und Politik: zwischen Rednerpult und Suppenküche“, um die Relevanz des Ehrenamts in KAS, Gesellschaft und im eigenen (stipendiatischen) Leben herauszustellen und aktuellen und zukünftigen KAS-Stipendiaten zugänglich zu machen.

 

Diese Bildercollage bildet übrigens hervorragend die Vielfalt des Ehrenamts bei den KAS-Stipendiaten ab. Danke für die Erstellung der Collage an die beteiligten Stipendiaten auf der Zukunftswerkstatt 2019!
Diese Bildercollage bildet übrigens hervorragend die Vielfalt des Ehrenamts bei den KAS-Stipendiaten ab. Danke für die Erstellung der Collage an die beteiligten Stipendiaten auf der Zukunftswerkstatt 2019!

Autoren des Artikels: Catharina Jacob, Niklas Röse, Antonia Schulz

Fotos: KAS-Stipendiaten (Abbildung 1: Stipendiaten der KAS denken über Ehrenamt nach; Abbildung 2: Das deutschlandweite bekannte Spendenschiff  der DGzRS; Abbildung 3: Die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt 2019 bei der Kieler Tafel e.V.; Abbildung 4: Das Kieler Rathaus – Sitz der kommunalpolitischen Verantwortung)