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Auslandssemester Ontario

Vorbereitung

Ich habe mich im Oktober 2023 regulär über die Universität Mannheim für mein Auslandssemester beworben. Die Brock University war meine zweite Priorität. Als ersten Wunsch hatte ich Toronto gewählt, es war mir aber eigentlich klar, dass die Chancen eher schlecht stehen, da Großstädte immer am beliebtesten sind aber wenige Austauschplätze zur Verfügung stellen. Im Endeffekt bin ich froh an der Brock University gewesen zu sein. Als dann im Dezember die Zusage kam hatte ich mich ab dann um die Bewerbung an der Universität gekümmert, das war aber alles relativ einfach und selbsterklärend. Ein Motivationsschreiben auf Englisch musste ich einreichen, das war aber nicht groß und dementsprechend auch relativ schnell zu erledigen. Mein ETA (das kanadische Visum für Aufenthalte unter 6 Monaten) habe ich ungefähr im Februar / März 2024 beantragt. Auch dieser Prozess war wirklich einfach und die Genehmigung ist sogar sofort nach Ausfüllen des Antrags per E-Mail angekommen. Ich habe meine Flüge nach Kanada erst Ende April gebucht, ich denke je früher man das erledigt, desto günstiger sind diese im Endeffekt. Für die zeitlichen Daten des Semesters kann man eigentlich bei jeder Gasthochschule auf der Webseite schauen und dann würde ich empfehlen 1-2 Wochen vorher anzureisen.

 

Unterkunft

Da ich mit meinem Freund ins Auslandsemester gegangen bin, der auch an der Brock University angenommen wurde, stand für uns sofort fest, wir wollen nicht auf dem Campus sondern außerhalb leben. Das würde ich auch jedem empfehlen, der nicht viele tausende Euros / Dollars für Essen bezahlen möchte, das man eigentlich gar nicht braucht. Da St. Catharines „relativ“ klein ist, haben wir eine Unterkunft über AirBnB gefunden. Diese hat uns umgerechnet 1500€, also 750€ pro Person pro Monat gekostet. Dafür hatten wir aber eine gesamte Wohnung und nicht nur ein Zimmer.

Das Leben on-campus ist deutlich teurer, mit ungefähr 5000€ für das ganze Semester. An der Brock University gab es unterschiedliche Arten des Housings, bei manchen hat man sich das Zimmer geteilt, das Bad auf dem Flur. Andere hatten ihr eigenes Zimmer und teilten sich Erfahrungsbericht Auslandssemester zu zweit ein Badezimmer und andere wiederum lebten in einem Haus mit 4 weiteren Studenten. In diesem Preis ist allerdings auch der unbeschränkte Zugang zur Dining Hall mitinbegriffen, die ca. von 5 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts geöffnet ist. Die Auswahl an Essen ist allerdings vor allem für vegane Studenten eher gering und beinhaltet meistens Fast Food. Ich denke, ein Vorteil des on-campus Lebens ist vor allem, dass man viel näher am Uni-Geschehen ist und auch besser Kontakte knüpfen kann. Wenn man off-campus lebt dann muss man immer erst zur Uni fahren und am Abend wieder gehen, wohingegen alle anderen direkt „zuhause“ sind. Ich habe aber dennoch gute Freunde gefunden und auch an allen Aktivitäten der Universität teilnehmen können. Für das off-campus Leben speziell in St. Catharines würde ich empfehlen definitiv in der Nähe einer Bushaltestelle zu leben. Da alle Studenten verpflichtend den Bus Pass haben ist es wirklich sehr einfach zur Uni und in die Stadt zu kommen. Der ÖPNV in Kanada ist auch sehr geläufig.

Generell kann ich Facebook Marketplace für die Wohnungssuche empfehlen. Da allerdings immer darauf achten, dass die Anbieter keine Scammer sind. Alternativ AirBnB oder eben die Webseiten der Gasthochschulen, die bieten meistens sogar ein Wohnungsportal an.

Studium an der Gasthochschule

Ich habe das Studium an der Brock University wirklich sehr genossen. Generell habe ich mein Intercultural Studies Modul belegt, das mir viele Freiheiten gegeben hat, da man es wie „electives“ behandeln konnte und ich daher aus jedem Studienfach Kurse frei wählen konnte. Allerdings wurde ich nur zu gewissen Kursen, die keine Prerequisites erforderten zugelassen. Das sollte man bei der Kurswahl beachten, das wird einem aber auch von den persönlichen Austauschkoordinatoren gesagt. Ich habe auch einen Kurs aus meinem Hauptfach der Medien- und Kommunikationswissenschaft belegt. Generell habe ich nur Kurse gewählt, die ich mir auch anrechnen lassen konnte, um so kein Semester zu verschwenden.

An der Brock University hat das Semester in der ersten September Woche begonnen. Davor war eine Welcome Week, bei der wir als Exchange Students wirklich viele tolle Aktivitäten machen konnte. Allgemein muss ich sagen, dass das Personal herausragend waren. Alle haben uns so willkommen geheißen und den Start ins Studium und das Leben in Kanada sehr leicht gemacht. Das ist aber auch ein genereller Punkt über Kanada, über den ich gleich nochmal ausführlich sprechen werde.

Zum Studium generell kann ich sagen, dass es wirklich einfach ist. Das Konzept ähnelt sehr dem deutschen Schulprinzip. Man hat 3 Stunden pro Woche einen Kurs. Das kann sich aufteilen in zwei Stunden Vorlesung und eine Stunde Seminar oder eben die drei vollen Stunden Vorlesung (ja am Stück, ja das ist sehr hart am Anfang, wenn man das nicht kennt). Das Semester in Kanada beinhaltet eine reading week, die meistens um das kanadische Thanksgiving ausgerichtet ist (Achtung, das amerikanische Thanksgiving ist ganz anders datiert). Diese Woche kann man wirklich gut zum reisen nutzen. Ende Dezember sind dann die Klausuren bzw. die Finals abzugeben. Die Benotung ist eigentlich in jedem Kurs unterschiedlich. In manchen Kursen hatte ich wöchentliche Abgaben / Hausaufgaben, in anderen widerrum nur gelegentliche Prüfungen. Was in allen Kursen aber gleich ist, ist dass man viele Abgaben / Tests hat, die die Note dann gemeinsam ergeben. In jedem Kurs hat man ein Midterm, dieses kann entweder eine Klausur sein oder ein größeres Projekt / Essay. Auch die Finals bestehen aus mehreren Komponenten, wie zb. einer Klausur und einem Essay oder eben nur einem Exam. Generell braucht man aber vor den Exams keine Angst haben, ich würde sagen, die sind alle wirklich machbar. Es ist allerdings hauptsächlich auswendig lernen. Alle Professoren und teaching assistents an meiner Gastuni waren wirklich unfassbar nett. Es ist anders als in Deutschland, denn die kanadischen Profs (die teilweise keinen Professoren-Status haben, sondern „nur“ PHD) wollen einen persönlich kennenlernen, laden einen in die office hours ein und sind wirklich an einem selbst und den akademischen / persönlichen Interessen interessiert. Ich würde auch jedem empfehlen diese Angebote wahrzunehmen, ich hatte das Gefühl, dass meine Profs und Dozenten mich dadurch besser kannten und mir auch bei meinen Abgaben mehr geholfen haben. Die Brock University hat ein so unfassbar großes Angebot an Dingen, die man auf dem Campus und rundherum machen kann, sodass es einem wirklich nie langweilig war. Es gibt unzählige Clubs und Initiativen, bei denen man mitwirken kann. Es gibt immer wieder unterschiedliche Angebote von der Student Union und natürlich die wöchentlichen Spiele der Varsity Teams, die man sich unbedingt anschauen muss (das gehört dazu, wenn man hier Student ist). Das Ganze führt zu einem Zusammenhalt, der mir anfangs komisch vorkam, weil ich das aus Mannheim nicht kenne. Dort läuft jeder mit dem Uni-Merch rum und die Leute sind stolz, Teil der Uni zu sein.

 

Alltag und Freizeit

Auch wenn St. Catharines nicht die größte Stadt hat, ist das Leben in Downtown ausreichend, um dort Spaß zu haben. Die Stadt hat einige tolle Cafés (mein Favorit war Mah Tay & De la Terre Bakery), in denen man lernen kann. Da St. Catharines im UNESCO Biosphärenreservat der Niagara Region liegt, kann man hier schöne Teile der Natur sehen. Natürlich auch die Niagarafälle, die von der Uni mit einem Bus erreicht werden können, mit dem Auto sind es 20 Minuten. Da ist auch die US-Grenze nach Buffalo. Es ist also auch wirklich einfach in die USA zu reisen. Generell kann man über das Wochenende mal reisen. Toronto ist nur 1,5 Stunden entfernt und mit dem Bus sind es knapp zwei Stunden, wenn man gut durchkommt. Es gibt auch einen Zug.

Um Kanada zu bereisen, würde ich vor allem die Wochen im Sommer vor dem Semesterstart empfehlen. Die Westküste von Kanada mit Vancouver, Vancouver Island und dem Staat British Columbia sind nämlich ein fünf-stündiger Flug, den man nicht einfach mal so am Wochenende bestreiten kann. Die meisten Austauschstudenten sind in der reading week in den Nationalpark Banff geflogen, der eigentlich ein must-do ist, wenn man in Kanada ist. Man kann an der Brock University auch viele Sportarten ausüben, entweder aus Spaß oder auch in einem inner-universitären Wettkampf. Generell findet das Leben hier hauptsächlich auf dem Campus statt.

 

Budget

Kanada ist teuer. Ich würde jedem empfehlen, der ein Auslandssemester in Kanada absolvieren möchte mindestens 10.000€ zu besitzen / mitzubringen. Mein Auslandssemester hat mich inklusive einer 6-wöchigen Rundreise durch Kanada und Teile der USA (inkl. NYC) bestimmt 15.000€ gekostet.

Mein Flug hat mich 990€ gekostet, ich bin direkt von Frankfurt geflogen, wenn man einen Flug mit Zwischenlandung nimmt, dann kann man hier sicherlich auch noch sparen. Ich habe es aber als angenehmer empfunden, gerade was das ganze Gepäck angeht, nicht umzusteigen. Die Lebenshaltungskosten in Kanada sind im Vergleich zu Deutschland relativ hoch. Da wir off-campus gelebt haben haben wir sowohl beim Wohnen als auch beim Essen gespart. Wie bereits erwähnt hat mich das Wohnen 750€ pro Monat gekostet. Meine Freunde, die auch off-campus gelebt haben, haben teilweise sogar nur 400€ bezahlt, weil sie ein WG Zimmer gemietet haben. Für das Einkaufen haben wir pro Monat ca. 300€ bezahlt, weil es mir wichtig war mich gesund zu ernähren. Leider sind hier Gemüse und frische Produkte die teureren, wenn man sich mit Zuckerprodukten ernährt kommt man hier wesentlich günstiger durch den Alltag. Generell kommt man daher auf ca. 900€ pro Monat. Wenn man das also x4 Monate rechnet, sind das ungefähr 3600€ nur zum Leben (off-campus), on-campus waren es 5000€. Was man noch beachten muss, wenn man on-campus lebt, bekommt man nur Möbel gestellt in seinem Zimmer. Putzsachen, Bettdecken, Kissen und -Bezüge muss man sich nochmal selbst kaufen.

Da Kanada unfassbar groß ist, kommt man nicht so einfach von einem Ort zum anderen, weshalb Reisen auch etwas teurer ist. Hier gibt es aber viele Sparmöglichkeiten, wenn man zb. in die USA reist und dann von Buffalo (30 min Entfernung und Inlandsflug) anstelle von Toronto (2h Entfernung) fliegt.

An der Brock University ist es verpflichtend einen Buspass für ca. 200€ zu kaufen. Auch die Krankenversicherung ist verpflichtend und kostet nochmal extra 250€.

Das Visum kostet 5€ (ETA) und ist daher wirklich günstig. Leider sind die Sprachtests, die man für die USA und Kanada braucht nochmal teuer. Ich habe den TOEFL Test gemacht und auch hier ca. 200€ bezahlen müssen.

 

Tipps zur Finanzierung

Ich würde jedem empfehlen lange vorher schon zu sparen. Ich habe die Auslandsförderung der Konrad-Adenauer Stiftung beantragt und dadurch 650€ im Monat erhalten. Die KAS hat mir auch meine Flüge bezahlt, weshalb ich auch hier nochmal sparen konnte. Ich habe auch Unterstützung von meiner Familie erhalten. Da man als Austauschstudent nur ein ETA braucht, darf man nicht in Kanada arbeiten. Studenten, die länger als 6 Monate bleiben brauchen ein Study Permit und können damit arbeiten.

 


Name: Laura-Sophie Scanu (laura.scanu@gmx.de)

Stipendium: Journalistische Nachwuchsförderung, Referat JONA 02

Hochschule: Brock University, St. Catharines, Ontario, Kanada